Wenn wir an den Berliner Flughafen oder die Elbphilharmonie denken, dann hat das erstmal nicht viel mit Onlinemarketing zu tun, richtig? Falsch, und ich erzähle euch warum. Beides sind hervorragende Beispiele für den sogenannten Ausgaben-Effekt oder Sunken-Cost-Effect, oder ab sofort auch auch Candy-Crush-Effekt genannt.
Neulich fuhr ich in einem völlig überfüllten Zug. Mit gefühlt 300 betrunken Fußballfans, deren euphorische und vor allem alkoholisierte Stimmung an meinen Nerven nagte. Im Kontrast dazu sah ich in der 1. Klasse entspannt einige wenige Leute sitzen. In diesem Moment habe ich mich geärgert, nicht doch etwas mehr Geld ausgegeben zu haben, um in diesen „exklusiven Klub“ aufgenommen zu werden. Solche Situationen kennt sicherlich jeder.
Aber warum erscheinen uns exklusive Dinge begehrenswerter als permanent Verfügbare? Dahinter steckt der Effekt der Verknappung, der uns Produkte attraktiver erscheinen lässt, weil sie schwerer erreichbar oder nicht unbegrenzt oder sofort verfügbar sind (Cialdini, 2013). Jeder von uns kennt das typische „Nur noch für kurze Zeit“ oder „Nur solange der Vorrat reicht“. Genau diese Phrasen lösen in den Gehirnen der meisten Menschen einen wichtigen Mechanismus aus: Wir Menschen wollen dem Umstand des drohenden Verlustes dadurch ausgleichen, indem wir möglichst schnell reagieren, damit uns kein anderer das begehrte Produkt wegschnappt (Häusel 2002). Dieses Prinzip funktioniert – richtig angewandt – so gut, dass es teilweise in irrationalen Hamsterkäufen endet. Die grundsätzliche sozialpsychologische Theorie dahinter heißt Reaktanz-Theorie, die ich in diesem Artikel ausführlich beschrieben habe.
Continue reading “Exklusivität als Mechanismus im Online-Marketing” »
Reaktantes Verhalten kennt sicherlich jeder von uns im Alltag. Damit ist in der Regel weniger Trotz gemeint, sondern viel mehr das typische Habenwollen von dem, was man gerade nicht bekommen kann.
Psychologische Reaktanz stammt aus der Sozialpsychologie und wurde durch Brehm in seinem 1966 veröffentlichten Buch zur Theorie der Reaktanz begründet. Brehm nahm an, dass es sich dabei um eine psychologische Abwehrreaktion handele, die durch die Einschränkung von inneren oder äußeren Freiheitsspielräumen entsteht. Als Reaktanz wird der Umstand beschrieben, dass eine weggefallene Alternative durch die fehlende Wahlfreiheit wertiger empfunden wird, als alle übrigen. Im Klartext: Ich bekehre das am meisten, was ich nicht haben kann. Grundsätzlich zielt ein solches reaktantes Verhalten auf die Wiederherstellung der bedrohten oder eingeschränkten Freiheit ab. Und das kann manchmal sehr irrationale Auswüchse annehmen. Dabei ist wichtig zu verstehen, dass die meisten Prozesse im Gehirn unbewusst ablaufen und nicht oder nur bedingt willentlich kontrolliert werden können. Das ist auch der Grund, weshalb dieses Feld für die Werbung spannend ist. Denn wenn man versteht, wie Menschen funktionieren, kann man sie auch beeinflussen.
Der Effekt der begrenzten Verfügbarkeit im Online-Marketing
Die klassische Werbung hat sich die oben genannten Reaktanzmechanismen schon länger zu Nutze gemacht. Aktionszeiträume, limited Editions und das typische „Nur für kurze Zeit“ sind übliche Floskeln der persuasiven Kommunikation – dem Versuch der Beeinflussung des Kunden durch Werbetexte. Ziel ist es dabei, ein sogenanntes reaktantes Verhalten auszuzulösen.
Dabei soll sich folgendes Szenario im Kopf des Konsumten abspielen:
- Wahrnehmung von „Produkt X nur für kurze Zeit erhältlich“
- Die Handlungsoption Produkt X zu erwerben fällt demnächst weg
- Konsument fühlt Wahlalternative „Produkt X zu kaufen“ bedroht
- Reaktanz tritt ein
- Verhalten „Produkt X kaufen, bevor es nicht mehr erhältlich ist“ wird gezeigt
Wenn man das so liest, kann man nicht glauben, dass das funktioniert, aber genau das ist der Fall. Diese Art der künstlichen Verknappung funktioniert über die Gesamtheit der Konsumenten gesehen sehr gut. Ansonsten würden uns diese Werbetexte nicht ständig begleiten.
Continue reading “Reaktanzmechanismen im Online-Marketing” »
Der werbefinanzierte Teil
Autor Marcel Gabor
Ich bin Marcel Gabor und beschäftige mich seit über 10 Jahren mit Online-Marketing. Beruflich und hier im Blog dreht sich alles um Online-Marketing, sowie Conversion-Optimierung. Zusätzlich spreche ich verschiedene psychologische Effekte im Kontext von Konsumentenverhalten an.
Mein Ziel ist es, das komplexe Feld der Psychologie in verständlicher Form in das Online-Marketings zu übertragen. Über sinnvolle Kommentare unter jedem Artikel, sowie Austausch von Erfahrungen freue ich mich sehr.
Mein Ziel ist es, das komplexe Feld der Psychologie in verständlicher Form in das Online-Marketings zu übertragen. Über sinnvolle Kommentare unter jedem Artikel, sowie Austausch von Erfahrungen freue ich mich sehr.
Leute die was zu sagen haben